Teil I – Rauheit

Die Qualität der geschliffenen Holzwerkstoff-Oberfläche ist von mehreren Faktoren abhängig, wie in der folgenden Überblicksgrafik zu sehen ist 

Abbildung 1: Überblick: Faktoren, welche die Qualität der geschliffenen Holzwerkstoff-Oberfläche beeinflussen

In diesem ersten Teil unserer kleinen Serie über die Qualität der geschliffenen Holzwerkstoff-Oberfläche wird der Einfluss des Schleifabtrags und der Kornfolge näher erläutert.

Beim Schleifen handelt es sich um ein spanendes Verfahren mit geometrisch unbestimmter Schneide. Die Schneide ist dabei das einzelne Schleifkorn, das auf den zu bearbeitenden Werkstoff einwirkt. Da die Schleifkörner nie gleich geformt – also geometrisch unbestimmt – sind, ist der Schneidwinkel nie konstant.

Im Gegensatz dazu ist der Schneidwinkel beim Sägen oder Hobeln – mit einer fixen Schneide – konstant. Eine Erhöhung der Vorschubgeschwindigkeit des Werkzeugs führt damit zu einer (nahezu) proportional steigenden Zerspanleistung. Hobelt man beispielsweise eine Holzplatte mit einer Vorschubgeschwindigkeit von 10 m/min 0.5 mm dünner, so werden auch bei einer Erhöhung des Vorschubs auf 20 m/min 0.5 mm abgetragen. Die Erhöhung der Vorschubgeschwindigkeit hat zunächst keinen Einfluss auf die Spanabnahme.

Dies ist beim Schleifen anders. Bei einer Erhöhung der Vorschubgeschwindigkeit steigt hier die Zerspanleistung nicht proportional. Wird die oben genannte Platte mit einer Vorschubgeschwindigkiet von 10 m/min um 0.5 mm abgeschliffen, erreicht man eine Zerspanleistung von X. Bei einer Erhöhung der Vorschubgeschwindigkeit auf 20 m/min steigt die Stromaufnahme des Schleifmotors zwar an, aber am Maschinenausgang wird ein geringerer Abtrag messbar sein als bei 10 m/min Vorschub: Die Platte ist dicker. Die Zerspanleistung ist demnach nicht das Doppelte von X, was mithilfe der Abbildung 2 näher erläutert wird.

Abbildung 2: Mikroskopischer Blick auf den Weg eines Schleifkorns während des Schleifprozesses

In Abbildung 2 ist der Weg eines Schleifkorns während des Schleifprozesses dargestellt. Dabei wird deutlich, dass der Prozess in mehrere Phasen eingeteilt werden kann:

  • In Phase I tritt das Schleifkorn in die Werkstückoberfläche ein. Dabei wird Energie frei: zum Teil als thermische Energie (Wärme), hauptsächlich aber in Form von Verformungsenergie. Das Substrat wird in Phase I vor allem zur Plattenmitte hin elastisch verformt.
  • In Phase II wird das Material zusätzlich plastisch verformt, indem es sich zur linken und rechten Seite des Korns aufstellt.
  • Erst in Phase III kommt es zum gewünschten Effekt, der Spanabnahme.

Insbesondere die elastische Verformung ist ein unerwünschter Prozess. Sie führt zu dem sogenannten «Spring‑back-Effekt»: Das Material, das zur Plattenmitte gedrückt wird, federt wieder hoch, nachdem das Schleifkorn das Substrat verlässt. Um diesen Effekt möglichst gering zu halten, gibt es unterschiedlich große Körnungen – denn je größer das Korn auf dem Schleifband ist, desto geringer ist die elastische Verformung.

Soll eine hohe Spanabnahme mit einem kleinen Korn und hoher Vorschubgeschwindigkeit erreicht werden, vergrößert sich der Spring‑back-Effekt. Das Korn wird in diesem Fall komplett in das Substrat hineingedrückt, sodass um das Korn herum kein Spanraum mehr vorhanden ist. Das Material kann so nicht transportiert bzw. abgetragen werden. Es wird ausschließlich gepresst, also elastisch und plastisch verformt – was im schlimmsten Fall durch die frei werdende thermische Energie zu Brandstreifen auf dem Schleifband führt.

Gut zu wissen: Die Verformung kann gemessen werden. Hierzu entnimmt man einer geschliffenen Platte eine Probe von 50 mm x 50 mm. Zunächst wird die Dicke der Platte gemessen. Dann benetzt man die Oberfläche mit Wasser und misst die Dicke der Probe nach 30 s Wartezeit erneut. Die Dickendifferenz ist ein Maß für das Quellverhalten der Plattenoberfläche: Je mehr Material beim Schleifen verformt wurde, desto mehr quillt die Platte.

 

Um die elastische Verformung möglichst gering zu halten, muss sich der Bearbeiter des Holzwerkstoffs überlegen, mit welcher Anzahl an Schleifköpfen und mit welcher Kornfolge er seine Platten schleifen will. Generell gilt:

Je höher die Anzahl Schleifköpfe, desto größer darf die Größendifferenz zwischen erstem und letztem eingesetzten Schleifkorn sein.

Mit einer solchen Abfolge können ein hoher Schleifabtrag und eine hohe Oberflächengüte erreicht werden, da die Kratzer, die das grobgekörnte Schleifband des ersten Schleifkopfs hinterlässt, mit den feineren Bändern in den Folgeeinheiten ausgeschliffen werden können.

Zwar steigen die Investitionskosten mit der Anzahl an Schleifköpfen einer Schleifmaschine, doch sollte man auch den Verbrauch an Schleifmitteln berücksichtigen (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Verbrauch an Schleifbändern pro Jahr in Abhängigkeit von der Anzahl und Art Schleifköpfe

In Abbildung 3 wird deutlich, dass der Verbrauch an Schleifbändern mit zunehmender Anzahl an Schleifköpfen stark abnimmt. Dargestellt wird der Jahresbandverbrauch bei einer gemittelten Vorschubgeschwindigkeit von 45 m/min und einem gemittelten Abschliff von 0.6 mm. Die Abnahme des Bandverbrauchs kann darauf zurückgeführt werden, dass die nötige Schleifkraft bei steigender Anzahl Schleifköpfe auf mehrere Bänder aufgeteilt werden kann. Dies führt zu einer geringeren Belastung pro Band und zu einer steigenden Lebensdauer.

Abtrag versus Oberflächenqualität

Ein grobes Korn ist nötig, um Material abzutragen, ein feines Korn, um die gewünschte Oberflächenrauheit („Glätte“) zu erreichen. Es ist also ein Kompromiss zwischen Abtrag und Oberflächengüte zu finden.

Abbildung 4: Schleifkratzer vom letzten und vorletzten Schleifkopf

Kommt es in der Kornfolge zu einem zu großen Kornsprung, können die Schleifkratzer des groben Korns nicht mehr ausgeschliffen werden. In Abbildung 4 sind unterschiedliche Kratzerrichtungen zu beobachten. Diese stammen aus dem letzten und vorletztem Kopfpaar und sind aufgrund des Steinemann Kreuzschliff entsprechend orientiert (weisse und gelbe Pfeile). Sind Kratzer vom vorletztem Kopf noch vorhanden ist das ein Indiz, dass der Schleifdruck des letzten N-Kopfpaares erhöht werden muss oder das die Kornfolge falsch gewählt wurde. Das «Finish» der letzten Schleifbandkörnung wurde nicht zu 100% kopiert. Die Folge sind lokale, messbare Vertiefungen in der Platte – häufig Grund für Kundenreklamationen. Empfehlenswert ist es daher, nie mehr als ein Korn zu überspringen, um solche Kratzer zu vermeiden.

Zu den wichtigsten Regeln beim Schleifen gehört die strikte Trennung von Kalibrier- und Feinschliff. Im sogenannten Kalibrierschliff werden die Platten auf Dicke geschliffen; auf die Kalibriereinheiten entfallen 80 – 90% des gesamten Schleifabtrags. Wichtige Aufgabe ist hier, für eine gleichmäßige Plattendicke zu sorgen: Die Platte sollte nach dem Kalibrierschliff parallel und etwa 0.1 mm dicker sein als die Zieldicke; dann ist sie bereit für den Feinschliff. Ist die Platte nach dem Kalibrierschliff in der Mitte dicker oder dünner als an den Seiten, ist entweder die Maschineneinstellung zu überprüfen oder die Walzen sollten vermessen werden.

Der Feinschliff dient ausschließlich dazu, die Schleifmerkmale zu entfernen, die beim Kalibrierschliff auftreten: tiefe Schleifriefen und sogenannte Rattermarken. Um diese zu eliminieren, genügt meist eine Schleifzugabe von 0.1 mm. Wichtig ist hier die Kontrolle der Stromaufnahme der Feinschleifköpfe: Ist diese zu hoch (bei neuen Bändern sollte der Schleifstrom bei etwa 7.5 – 10 A liegen), ist das ein Zeichen dafür, dass entweder die Platten zu dick oder die auszuschleifenden Schleifriefen zu tief sind. Im ersten Fall sind die Grundeinstellungen der Maschine und die Walzenbeschaffenheit zu prüfen. Im zweiten Fall sollte das Hauptaugenmerk auf die gewählte Kornfolge gelegt werden.

Abbildung 5: Abhängigkeiten vom Anpressdruck im Feinschliff

Abbildung 5 zeigt unter anderem den Zusammenhang zwischen der Rauheit der geschliffenen Plattenoberfläche und dem Anpressdruck der Schleifschuhe. Sobald die Schleifriefen aus dem Kalibrierschliff entfernt wurden, kommt es auch bei einer Erhöhung des Schleifdrucks nicht zu einer besseren Rauheit. Die Rauheit wird demnach durch gesteigerten Anpressdruck nicht optimiert.

 

Fazit:

Der Schleifprozess ist sehr komplex. Die richtige Mischung aus einer groben Körnung im Kalibrierschliff und einer feinen Körnung im Feinschliff zu finden, ist nicht immer leicht.

Steinemann bietet Ihnen daher an, dass Sie als Kunde ihre nicht geschliffenen Platten zu uns in die Schweiz schicken können. Mit den Angaben der nötigen Oberflächengüte (im besten Fall in Form einer Referenzplatte) und der nötigen Vorschubgeschwindigkeit können wir Anregungen und Tipps geben, wie Sie ihren Schleifprozess optimieren können. Hier berücksichtigen wir natürlich Ihre Maschine und die Beschaffenheit ihrer Rohplatte.

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