Dieser Bericht soll den Ursprung von Nadelstreifen erläutern. Häufig wird anstatt Nadelstreifen der Begriff Scratch marks verwendet. Das ist allerdings irreführend.

Nadelstreifen sind Erhebungen auf der Platte, siehe Abbildung 1. Sie entstehen durch fehlende Kornreihen im Band.

Abbildung 1: Typische Ausprägungen von Nadelstreifen

Ursache I der Nadelstreifen – Fremdkörper in Platte

In Abbildung 2 ist der Schleifprozess im Kalibrierschliff dargestellt. Eine Platte fährt unter einem Kalibrierkopf durch. Die gelbe Kurve zeigt die Kontaktzone des Bandes auf der Platte. Bei Steinemann Maschinen mit einem Kontaktwalzendurchmesser von 455 mm und einer Schleifzugabe (Zustellung) von 0.10 mm misst die Kontaktzone 19 mm. In der Platte befindet sich ein Fremdkörper (schwarzes Dreieck). Im Falle einer Vorschubgeschwindigkeit von 40 m/min benötigt dieser Fremdkörper 0,0285 Sekunden um die 19 mm Kontaktzone zu durchfahren.
Die Bandgeschwindigkeit beträgt im ersten K-Kopf einer Satos 34 m/s (bei 50 Hz). In 0.028 Sekunden sind im Falle des ersten K-Kopfs 0,969 Meter Band über den Fremdkörper gelaufen. Wenn der Fremdkörper hart genug ist, könnte in diesem Fall eine Kornreihe von knapp einem Meter Länge aus dem Band ausgebrochen sein, das sind knapp 1/3 der ganzen Bandlänge. Die Fehlstellen werden umso länger, je langsamer die Vorschubgeschwindigkeit ist.

Abbildung 2: Schematische Darstellung Schleifprozess Kalibrierschliff

 

Bei Betrachtung des Feinschliffs in Abbildung 3 sind zwei deutliche Unterschiede im Vergleich zum Kalibrierschliff festzustellen. Erstens ist die Kontaktzone mit 55 mm deutlich länger (Breite des Inserts) und zweitens ist die Bandgeschwindigkeit mit 22 m/s (bei 50 Hz) deutlich geringer.

Abbildung 3: Schematische Darstellung Schleifprozess Feinschliff

 

Bei einer Vorschubgeschwindigkeit von 40 m/min benötigt der Fremdpartikel für 55 mm 0.0825 s. Bei 22 m/s Bandgeschwindigkeit laufen innerhalb dieser Zeit 1.815 Meter Band über die Fremdstelle. Das sind mehr als die Hälfte der Bandlänge.
Je länger die Fehlstellen im Band, desto länger sind auch die Nadelstreifen auf der Oberfläche der geschliffenen Platte. Nadelstreifen kommend vom Kalibrierschliff sind demnach kürzer als jene kommend vom Feinschliff.

Ursache II der Nadelstreifen – Schleifband

Die zweite mögliche Ursache von Nadelstreifen liegt in der Beschaffenheit der Schleifbänder selber. In Abbildung 4 ist der Schleifstaub dargestellt welcher sich am Boden der Schleifmaschine sammelt. Es sind deutlich schwarze Körner sichtbar.

Abbildung 4: Gesamelter Schleifstaub aus Maschinenboden

 

Diese Körner sind innerhalb der ersten Laufmeter aus dem Band gebrochene Silicium Karbid Körner.

Abbildung 5: Laufrichtung Schleifband (blaue Linien) und Flugbahn Schleifstaub (rot gestrichtelte Linien)

 

In Abbildung 5 sind die Laufrichtung der Bänder sowie die Flugbahn des Schleifstaubs erkennbar. Sollte nun ein Korn (oder mehrere) in den ersten Laufmetern aus dem Band brechen kann es passieren, dass das Korn nicht durch die Absaugung abtransportiert wird. In diesem Fall gelangt das Korn auf die Plattenoberseite oder auf den Maschineboden. Wenn das Korn auf die Plattenoberseite fällt kann es passieren, dass es bei Kontakt mit dem Band wieder zu einer Reihe ausgebrochenen Körner führt (siehe Ursache I). Die Wahrscheinlichkeit, dass es im letzten N-Kopf Band zu einem Ausbruch einer Kornreihe kommt ist doppelt so hoch wie bei den anderen Köpfen, da das potentielle Korn von zwei Köpfen auf die Platte fallen könnte.

Zusammenfassung

Es gibt grundsätzlich zwei Ursachen von Nadelstreifen.
1. Fremdpartikel in der Platte
2. Ausbrechen der Körner in den ersten Laufmetern des Bandes.
Beide Ursachen kann man voneinander unterscheiden. Treten Nadelstreifen auf sollte auch die Unterseite der Platte eingekreidet werden. Sind hier Nadelstreifen sichtbar, ist die Ursache der Nadelstreifen ganz klar ein oder mehrere Fremdpartikel in der Platte. Fremdpartikel in der Matte rieseln innerhalb der Streustation in Richtung Plattenunterseite. Daher sollten bei Nadelstreifen der Ursache I sogar mehr Nadelstreifen auf der Unterseite der Platte erkennbar sein als auf der Oberseite (gesetzt dem Fall, dass die Oberseite der Platte nach der Schleifmaschine auch die Oberseite der Platte nach der Heißpresse ist!).

Sind auf der Unterseite nie Nadelstreifen erkennbar, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um Nadelstreifen der Ursache II handelt. An den Fluglinien in Abbildung 5 erkennt man, dass ausbrechende Körner nur auf die Plattenoberseite fallen können. Auf der Plattenunterseite fallen die Körner auf den Maschinenboden. Bei dieser Ursache sollte der Kunde versuchen, die neuen Schleifbänder weniger zu belasten, indem er die Köpfe weiter wegstellt nachdem er die Bänder gewechselt hat. Vergisst der Maschinenbediener den Schleifkopf nach dem Bandwechsel wegzustellen, ist die Last der Bänder so hoch, dass ein Auftreten von Nadelstreifen aufgrund der vielen ausbrechenden Körner sehr wahrscheinlich ist.

Also bitte bei Auftreten von Nadelstreifen immer auch die Unterseite der Platten einkreiden und bei einem Bandtest auf die Schleiflast neuer Bänder achten!